Dienstag, 5. März 2019

Crimson Company - Belagerung mit plötzlichem Ende (Rezension)


Man ist es ja inzwischen gewöhnt, dass man auf der SPIEL in Essen auf ein fast schon babylonisches Sprachgewirr trifft. Was ich jedoch im vergangenen Jahr zum ersten Mal sehr deutlich wahrgenommen habe, war die Entwicklung, dass auch deutsche Verleger immer mehr darauf setzen, ihre Spiele zunächst nur in englischer Sprache zu produzieren.
So führte ich denn auch die ersten Minuten meines Gesprächs mit den Verlegern des Spiels Crimson Company in Englisch, ausgehend vom ausliegenden Spielmaterial, bis wir endlich merkten, dass sich hier Deutsche gegenüber standen.
Die erste Spielversion entstand (wieder einmal) aus einem Kickstarter heraus, der jedoch nur eine Print-and-Play-Version von Crimson Company zum Ziel hatte (diese aber immerhin in Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch). Der große Erfolg des klein dimensionierten Projekts war wohl letztendlich der Auslöser, auch eine erste Kleinauflage in professionell gedruckter Form zu produzieren, die man dann auf der Spielmesse verkaufen wollte.
Das vorhandene Material ist dabei sehr übersichtlich: 35 Karten und eine Handvoll Münzen nebst englischsprachiger Regel in einer kleinen Box. Da fragt man sich unwillkürlich, wieviel Spieltiefe sich wohl in dieser Schachtel befindet?


Regeln


Das Ziel des auf zwei Personen beschränkten Wettstreits ist es, zwei von drei Burgen für sich zu erobern. Diese liegen als Karten zwischen den beiden Kontrahenten. Daneben liegen vier Charakter-Karten (das sogenannte Angebot) sowie ein Zugstapel, dessen oberste Karte ebenfalls sichtbar ist.
Wer am Zug ist, erhält zunächst einmal drei Münzen als Einkommen. Danach muss der Spieler versuchen, einen der Charaktere im Angebot anzuwerben, indem er eine beliebige Anzahl von Münzen auf der entsprechenden Karte ablegt. Der Gegner kann nun entweder den aktiven Spieler gewähren lassen (die eingesetzten Münzen kommen dann in die Bank), oder er legt noch einmal die gleiche Summe auf die Karte (in diesem Fall erhält der aktive Spieler alle Münzen von der Karte, der Charakter geht aber dafür in den Besitz seines Kontrahenten über).
Wenn der aktive Spieler danach Karten vor sich liegen hat (egal, ob er sie in dieser oder in der letzten Runde ersteigert hat oder ob ihm vielleicht sogar beides gelungen ist), kann er sie nun an eine beliebige Burg anlegen.
Sobald an einer Seite einer Burg vier Karten anliegen, kommt es in der letzten Phase des Zuges zur Wertung. Jede Charakterkarte hat eine Stärke, und wer die höhere Summe hat, bekommt die Burg zugesprochen.
Und das waren im Grunde genommen schon die ganzen Regeln.


Bewertung


Wer nun aber glaubt, dass sich daraus kein interessantes Spiel entwickelt, der hat die Rechnung ohne die besonderen Fähigkeiten der einzelnen Charaktere gemacht. Diese können in jeder Phase des Zuges wichtig werden. Einige wirken dabei nur einmalig, andere entfalten ihre Wirkung, solange sie aufgedeckt sind.
Mit diesen speziellen Fähigkeiten kommt das besondere Flair von Crimson Company zum Zuge. So manche Karte möchte man zwar wegen ihres Stärke-Werts haben, doch die besondere Fähigkeit (die man meistens ausführen muss, ob man nun will oder nicht) lässt einen dann doch zweifeln, ob man sie nicht vielleicht doch dem Gegner überlässt. Dazu kommt noch, dass einige Karten ihre Wirkung immer wieder entfalten, wenn sie aufgedeckt werden (im Spiel kann es durchaus dazu kommen, dass Karten auf die Rückseite und anschließend wieder auf die Vorderseite Seite gedreht werden). Andere Karten wiederum haben eine sehr spezielle Wirkung, die mal besonders gut, mal besonders schlecht in die gerade laufende Spielsituation passt.
Eine langfristige Strategie lässt sich bei einem solchen Spiel kaum finden, dafür ist man zu sehr davon abhängig, welche Karten gerade im Angebot sind bzw. welche danach dorthin gelangen. Trotzdem ist der Glücksfaktor vergleichsweise gering, da beide Spieler immer die gleichen Möglichkeiten haben. Stattdessen ist man darauf angewiesen, schnelle taktische Entscheidungen zu treffen.
Interessant war bei verschiedenen Proberunden, dass es kein großes Problem darstellt, wenn man im Verlauf des Spiels irgendwann keine Münzen mehr hat, denn durch den geschilderten Biet-Mechanismus kehrt das Geld meistens schnell genug wieder zurück.
Nur zum Ende hin (das häufig plötzlich und unerwartet eintritt) muss man den Bestand der eigenen Münzen im Auge behalten, denn das Spiel entscheidet sich häufig dadurch, dass einer der beiden Gegner im richtigen Moment dem anderen eine Karte wegnehmen kann. Mit dieser erobert er dann die entscheidende Burg, an der bis eben nur zwei Karten lagen, die jetzt aber plötzlich von vier Charakteren belagert ist. Letzte Wertung, gewonnen, vielen Dank auch!
Erwähnenswert ist außerdem, dass man Crimson Company einfach in fünf Minuten erklären kann, um dann sofort loszuspielen, und das, ohne dass darunter die Spieltiefe leidet.


Präsentation

Für ein Spiel aus einem Kleinverlag ist Crimson Company sehr wertig produziert. 
Die Karten haben ein Leinen-Finish, die Münzen bestehen aus angenehm dicker Pappe, und vom Gefühl her kann man mit der Schachtel eher jemanden erschlagen als sie einzudellen.
Sehr positiv fällt auch die grafische Gestaltung auf. Obwohl die Illustrationen einen Streifzug durch sämtliche coolen Kulturen der Erde und verschiedener Fantasywelten machen, sind sie alle sehr detailliert und liebevoll gezeichnet und machen Lust darauf, das Spiel immer mal wieder aus dem Schrank zu nehmen.


Fazit


Während ich dies schreibe, läuft gerade ein weiterer Kickstarter, um eine neue Auflage des Spiels zu finanzieren, die dann auch über den Verlags-Shop vertrieben wird.
Wer wie ich ein Fan solcher Produkte aus Kleinverlagen ist oder wer einfach ein gutes, sauber funktionierendes Zweier-Spiel sucht, dem rate ich auf jeden Fall, sich Crimson Company mal näher anzuschauen.



Diese Rezension ist eine Vorab-Veröffentlichung 
aus der Ausgabe 123 des Magazins Spielerei,
mit freundlicher Genehmigung des Chefredakteurs Karsten Höser.

Der aktuelle Kickstarter für Crimson Company ist unter dieser Verknüpfung zu finden:

Die Verlags-Website befindet sich hier: https://www.crimsoncompany.cc

Der erste Kickstarter für Crimson Company ist unter dieser Verknüpfung zu finden:

Hinweis:
Die Rezension erfolgt anhand eines Rezensions-Exemplars, das freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde.

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