Sonntag, 30. Juni 2019

RPG-Blog-O-Quest #045 – Crossover im Rollenspiel (Juni 2019)

Ich habe lange nicht mehr bei der RPG-Blog-O-Quest mitgemacht, aber ich dachte mir, diesmal bin ich wieder dabei, einfach, weil mich das Thema interessiert (und trotz der Tatsache, dass ich es so gerade noch ins Zeitfenster geschafft habe).
Im Juni 2019 steht die Quest unter dem Motto Crossover im Rollenspiel und wird ausgerichtet von  Seanchui goes R'lyeh.
Wie immer geht es darum, zu einigen vorgegebenen Fragen zum Thema Rollenspiel Stellung zu beziehen.

Die Fragen:


Frage 1:
Setting Top, System Flop – oder aber umgekehrt.
Habt Ihr schon Rollenspiel-Settings mit anderen Regeln bespielt? Wie sehen Eure Kombinationen aus?

Normalerweise spiele ich Hintergründe immer mit dem passenden bzw. dafür vorgesehenen System (wenn man mal davon absieht, dass ich bisweilen verschiedene Editionen des gleichen Rollenspiels ignoriere, also etwa ein Cthulhu-Abenteuer für die 6. Edition mit den Regeln der 7. Edition bespiele).

Der Grund ist vor allem, dass mir der Konvertierungsprozess zu aufwändig ist. Umrechnung von A nach B, und dann stimmt es doch meistens nicht.
Auf der anderen Seite habe ich aber auch noch kein Regelwerk entdeckt, das ich als "Heilsbringer" empfinde, so dass ich damit jede mögliche Welt bespielen will. Für manche sind das Systeme wie GURPS, Savage Worlds oder FATE, aber bei all diesen Systemen gibt es Elemente, die mich daran zweifeln lassen, sie auf alle Welten anzuwenden.
Darum bleibe ich lieber bei den Original-Systemen, wenn sie mir nicht zu grottig erscheinen.

Frage 2:
Manches Rollenspiel hat gute Regeln. Gibt es Regel-Mechanismen, die Euch so gut gefallen haben, dass Ihr sie in andere Systeme übertragen habt? Welche waren das, und wie hat es funktioniert?

Ich übernehme selten Regeln von einem "Kaufsystem" in ein anderes, weil ich oft das Gefühl habe, dass die verschiedenen Mechanismen aus verschiedenen Denksystemen nicht gut ineinandergreifen.
Was ich hingegen öfter tue, ist, Ideen von einem Spiel in eins meiner eigenen Regelwerke zu übertragen, bei dem ich die Mechanismen und die Designgrundlagen besser verstehe.
So habe ich beispielsweise Ideen aus FATE, Powered by the Apocalypse und vor allem Protektor in mein eigenes Plüschi-Rollenspiel Bäronomicon übernommen.
Diues geschieht dann jedoch nicht als direkte Kopie, sondern als Übertragung von Spiel- und Regelphilosphien, wobei ich mir jedoch gestatte, andere Systembestandteile einfach links liegen zu lassen.

Frage 3:
Nutzt ihr Abenteuer oder Zusatzmaterialen „fremder“ Systeme für Eure Kampagnen? Falls ja – warum?

Ich nutze alle Materialien, die gute Ideen enthalten, als Inspiration für meine eigenen Entwicklungen.
Aus diesem Grund habe ich zu Hause auch so gut wie jedes Plüschtier-Rollenspiel, von dem ich je gehört habe, sowie eine ganze Reihe von Steampunk-Rollenspielen, da ich seit längerem an einer eigenen Welt mit einem solchen Hintergrund arbeite.
Und natürlich jede Menge Horror-Rollenspiele und -Abenteuer.
In jedem dieser Produkte befinden sich Inhalte, die ich nutzen kann, um sie entweder in abgewandelter Form in meine eigenen Kreationen einzubauen, oder um mich von anderen Welten abzugrenzen und sie explizit nicht nachzubilden.
Jeder kann eben nützlich sein, und sei es nur als schlechtes Beispiel.
Im Nachgang wird man vermutlich nur wenig von dem wiedererkennen, was ich mir "borge", da ich es zuvor durch einen kreativen Fleischwolf drehe, um es für meine eigenen Denkmuster passend zu gestalten.
Doch für mich ist dieses Schmökern nach Ideen eine der wichtigsten Grundlagen meiner eigenen Entwicklungen.

Frage 4:
Raumschiffe über Aventurien, Lichtschwerter bei Star Trek, Vampire im alten London: wie abgedreht dürfen Eure Crossovers ausfallen? Und was geht gar nicht?

Diese Frage einem Autor zu stellen, der ein Horror-Rollenspiel mit lebenden Plüschtieren entwickelt, klingt irgendwie unsinnig, oder?
Tatsächlich gibt es aber einige Dinge, dir mir bei einem Crossover wichtig sind.
Grundsätzlich kann ich den meisten Multi-Genre-Spielen etwas abgewinnen, einfach auch, weil ich häufig die einfachen, "normalen" Hintergründe als wenig inspirierend empfinde (Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel).
Wichtig ist mir dabei jedoch, dass ich mich nicht gegen das Spielgefühl und die grundlegende Logik der von mir bevorzugten Welt wenden möchte. Will ich also cthulhuide Monster bei Star Trek auftauchen lassen, so muss ich mir überlegen, wie ich diese in das Weltgefüge der Serien und Filme einbringen kann.
Ich wähle immer einen "Haupthintergrund", dessen innere Logik möglichst erhalten bleiben sollte, wenn auch durch neue Elemente erweitert, konterkariert oder hinterfragt. Wenn ein Alien durch das viktorianische London stapft, dann wmuss ich das böse außerirdische Wesen so erklären, dass es die historische Fiktion nicht stört; es muss jedoch nicht vollends wissenschaftlich erläutert werden, da es noch genügend ungeklärte Geheimnisse in dieser Welt gibt.
Wenn andererseits in Blade eine wissenschaftliche Erklärung für die Natur der Vampire gesucht wird, dann ist der Aufwand, um die Blutsauger in unsere wissenschaftlich viel aufgeklärtere Welt zu integrieren, sicherlich deutlich höher.
Wichtig ist dabei jedoch immer, dass ich eine logische Weltenentwicklung betreibe, die die beiden Seiten des Crossovers miteinander vermählt. Die Horden an Xenomorphen, wie sie im Film Aliens geschildert werden, würden aus dem historischen London schnell eine mit Säure bedeckte, menschenleere Wüstenei machen; das einzelne Wesen aus dem ersten Film stellt daher sicherlich einen viel passenderen Antagonisten dar.
Außerdem stellt sich in meinen Augen immer die Frage, warum ich zwei Hintergründe mischen will. Was möchte ich erreichen? Welche Ideen schwirren mir im Kopf herum, die ich nur mit dieser Kombination erzählen kann? Wenn ich einfach nur denke "Ist bestimmt cool!", ohne zu wissen, was ich später damit anstellen will, sollte ich es vermutlich eher lassen.
Generell möchte ich aber in die Welt hinausrufen: "Macht mehr Crossovers! Aber richtig!"

Frage 5:
Wer gerne Cthulhu spielt, kommt kaum umhin, regelmäßig auf die Vorzüge einer vermischten Kampagne aus Cthulhu-Gaslicht-Abenteuern und rein kriminalistischen Private-Eye-Fällen hingewiesen zu werden. Die beiden Systeme ergänzen sich offensichtlich sehr gut, die Mischung aus Mythos und Detektivfall passt. Welche guten Rollenspielkombinationen kennt ihr?

Letztendlich kann ich alle Systeme oder Welten kombinieren, die von ihrem Spielgefühl her entweder gut zueinander passen oder sich in irgendeiner Form ergänzen.
Entscheidend dafür kann beispielsweise das Spielsystem sein. So kann ich beispielsweise verschiedene Welten für FATE oder Savage Worlds gut miteinander kombinieren, weil die Grundlagen des Spiels dies besonders gut hergeben. Wenn ich also unbedingt die hochtechnisierten Kirchenkrieger von Necropolis 2350 durch die düstere Fantasywelt von Sundered Skies stapfen lassen möchte, kann ich das regeltechnisch leicht machen; ob ich es sauber erklären kann, ist eine andere Sache.
Auch vom Grundsatz her ähnliche Systeme wie D&D und Pathfinder lassen sich sicher gut miteinander verschmelzen, wenn man hier auch ein wenig mehr Konvertierungsaufwand betreiben muss.
Oft genug geht es aber vor allem um die bereits beantwortete Frage 4, nämlich darum, welche Hintergründe von der Art und Weise des Spielens besonders gut zusammenpassen und wie man sie so miteinander verbindet, dass eine geschlossene Welt daraus entsteht, die beim Spielen logisch erscheint.
Vergleiche ich beispielsweise Spiele wie Cthulhu Now, Unknown Armies und Kult, so unterscheiden sich diese sicherlich gewaltig vom Hintergrund und den Regeln her, und doch kann ich sicherlich das eine oder andere Abenteuer ohne großen Aufwand in eins der anderen Spiele konvertieren (vor allem dann, wenn es mir vor allem um die Geschichte und weniger um die Regeln geht).

Bonusfrage:
Wer Abenteuer konvertiert, kommt oft nicht um eine gehörige Portion Arbeit herum. Kennt Ihr gute Konvertierungshilfen, die Ihr mit uns teilen möchtet?

Wie bereits weiter oben erwähnt, konvertiere ich höchst selten, von daher kann ich diese Frage nicht wirklich beantworten.
Und wenn ich es doch mal tue, dann sind mir Regeln meistens nicht so wichtig, so dass mir auch eine ungefähre Übereinstimmung reicht. Mir sind normalerweise die Geschichten und Hintergründe wichtiger als die Frage nach dem gewählten System.


Die RPG-Blog-O-Quest wurde diesmal angeleiert von Seanchui goes R'lyeh.
Dort findet ihr auch alle Antworten verlinkt, ebenso im Forum von RSP-Blogs.de.

Samstag, 8. Juni 2019

Lovecraftesque - Force Majeure - "Lass uns essen gehen!"


Fortsetzung der Erzählung von nurderTim (Übersicht unter Lovecraftesque - Das Blogspiel)

"Lass uns essen gehen!"


Mitschnitt der Therapiesitzung von Hermann Wagner, Patient der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin im Krankenhaus St. Vinzenz, Zams, Österreich, 1. Mai 2019

Behandelnder Arzt: Prim. Univ.-Doz. Dr. Martin Kurz

Also, Hermann...

Bitte, nennen Sie mich Harma.

Na gut. Harma, erzählen Sie mir bitte nochmal, wie sich die Situation mit Raphael Duchamps entwickelt hat. Von Anfang an.

Ich habe auf ihn gewartet. Ich wusste, dass er kommen würde.

Woher wussten Sie das?

Ich wusste es von den Zeichen an den Wänden. Das Flüstern aus den Bergen sprach von ihm. Das Licht der Nacht trug sein Aussehen zu mir. Die Träume zeigten mir sein Gesicht. Alles, einfach alles kündigte ihn an.

Aha. Und als er dann den Berg herunter kam?

Ich hatte ein Feuer gemacht, damit er mich findet. Mit feuchtem Holz und vielen Kräutern, damit Rauch aufsteigt. So hat er mich gefunden.
Er tat so, als wüsste er nicht, was ihn erwartet, doch mir war klar, das war nur ein Teil der Prüfung, die er mir auferlegte, um zu erkennen, ob ich würdig bin, diesen Weg mit ihm zu gehen.

Waren Sie denn würdig?

Ich ... weiß es nicht ... ich hoffe, ich habe ihn nicht enttäuscht. 
[Patient schweigt, blickt zur Seite, murmelt]
Es ist so viel passiert, Dinge, die ich nicht erwartet habe, die nur er wusste.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe mich ihm unterworfen, seiner Macht, seinem Strahlen.
Ich musste ihn in die wahre Hexenhöhle geleiten, in die Heilige Höhle, die sich nur einmal im Jahr öffnet.
Doch als ich ihm das sagte, fragte er nur: "Gibt's da dann was zu essen?"

Er wollte essen?

Er hatte Hunger, einen Bärenhunger, sagte er, und dann kicherte er. Er sog den Rauch des Feuers ein, ganz tief, und er hat danach nicht einmal gehustet.
„Das riecht nach Barbecue“, meinte er nur und kicherte noch mehr.

Danach sind Sie den Berg hinaufgegangen.

Ja, ich habe ihn geführt. Ich wusste ja, wo er hin wollte: in die heilige Höhle. Wir gingen an den anderen Tunneleingängen vorbei, die er kannte, die wir alle kannten.
Ich wusste ja, dass des nicht um diese Höhlen ging, dass sie nur ein Abklatsch waren, ein Trugbild, das die wahre Natur der Dinge verschleiert.

Was ist die wahre Natur der Dinge?

Es ist ein Spiel. DAS Spiel. Wir Menschen sind Statisten, Spielfiguren, die hin und her geschoben werden, von Mächten jenseits unserer Vorstellung. Und jeder übernimmt nur seine Rolle darin, ob er nun will oder nicht.

Und was ist Ihre Rolle, Harma?

Ich war der Diener des Auserwählten, der Bewahrer des Rituals, derjenige, der die Dinge dorthin gebracht hat, wo sie benötigt wurden.

Die Dinge?

Die Robe des Hohepriesters, den Opferdolch, die Tinktur ... und den Auserwählten.

Hat der Auserwählte Sie freiwillig begleitet?

Ja, natürlich. Er sagte noch: „Lass uns essen gehen!“
Er wusste, was ihn erwartete. Er war der Auserwählte, der für das Kommen des Herrschers sorgt.

Das Kommen des Herrschers? Welches Herrschers?

[schreit]
Haben Sie mir nicht zugehört? Des Herrschers, der uns alle beherrscht, der uns bewegt, der uns erschafft, der uns zerstört! Mich, Sie, die da draußen! ALLE!

Ruhig, Harma! Es gibt keinen Grund, wütend zu werden.

Wenn Sie mir nicht zuhören ...

Ich höre Ihnen ja zu. Was musste der Auserwählte denn tun, was war seine Rolle?

Er war der Rufer. Das habe ich erkannt. Nicht ich, wie ich zuvor dachte. Ich bildete mir etwas ein, überschätzte den Plan des Herrschers für mich. Ich war dumm und eitel.
Der Bewahrer, das war meine Rolle im großen Plan.
Der Rufer war ein anderer. Es war der Fremde. Der Auserwählte.

Wo sind Sie dann hingegangen, Sie und der Auserwählte?

Hinauf auf die Mittagsspitze, dorthin, wo die Nebel sich sammeln.
Ich nahm die Gerüche wahr, die den Herrscher und seine Macht ankündigen. Sie lagen im Nebel, bedeckten uns mit seiner Segnung.

Waren Sie allein, Sie beide?

In der Nähe des Herrschers ist man nie allein. Wir sahen sie in den Nebeln, wie sie auftauchten und wieder verschwanden. Schatten ... Wahnbilder ... Schemen ... sie kamen hervor und vergingen wieder. Doch wir konnten sie hören, riechen ... schmecken ... ja, sie lagen auf unseren Gaumen wie die köstlichsten Speisen ... doch der Appetit des Rufers war nicht gestillt.
„Wann gibt’s was zu essen? Ich habe Hunger!“
Dann lag die Höhle plötzlich vor uns. Die Nebel verschwanden, und der Berg löste sich auf, gab den Weg frei in das Zentrum der Macht.

Sie meinen, oben auf der Wetterspitze?

Natürlich. An dem Ort, den die Bilder und die Stimmen und die Lichter und die Träume mir offenbart hatten. Nachdem ich sie endlich durchschaut hatte.

Harma, an dem Ort, den Sie uns genannt haben, ist nichts zu sehen außer steinhartem Fels. So weit oben gibt es keine Höhlen.

[kichert]
Sie werden diesen Ort nie finden. So wie alle anderen, die keine Rolle im großen Plan spielen.
Ich war ein Teil des Plans, ich wusste, was zu tun war. Ich umfasste den Griff des Dolches unter meiner Robe, tastete nach der Tinktur. Alles war bereit.
Der Auserwählte ging voraus, unter die schmelzenden Felsen, die wabernden Gänge entlang, hinunter in die Tiefe des Berges ... und ich roch ... ich roch den Beginn vom Ende ... welch köstliches Aroma ...

Anmerkung des behandelnden Arztes:
An dieser Stelle versank der Patient in Schweigen und war nicht wieder zur Mitarbeit zu bewegen. Die Therapie wird zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt.


Neuer Charakterzug des Protagonisten

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Neuer Nebenschauplatz

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Hinweis

Bewahrer des Rituals

Ort des Finalen Horrors

Die wahre Hexenhöhle

Das Blogspiel geht weiter bei ... 

Von der Seifenkiste herab ...


Das Bild zum Artikel stammt von Pexels, auf der Website Pixabay

Montag, 3. Juni 2019

Sandfox liest ... "Ist hier noch frei?"

Nachdem es vor kurzem mit Sandfox labert weitergegangen ist, soll es heute auch mit meiner zweiten Podcast-Reihe weitergehen.

In der neuen, der dritten Folge von Sandfox liest möchte ich euch einen Text nahebringen, der vor einigen Jahren in einer Schreibwerkstatt der VHS entstanden ist.
Eine solche Veranstaltung ist eine tolle Sache, nicht nur, weil man ständig "gezwungen" wird, neue Texte zu schreiben, und somit nicht einrostet, sondern auch, weil man immer wieder Feedback bekommt, oft von Leuten, die mit den eigenen Themen nicht so richtg viel anfangen können.

So auch in diesem Fall, aber... hört am besten selbst...


Die Musik aus dem Podcast ist eine gekürzte Fassung des Tracks Time of Heroes von Andrey Sitkov, lizensiert unter den Humble Big Music Bundle for Games, Films, and Content Creators - License Terms.

Die Musik zur Geschichte sind die beiden Tracks Headway und Evermore von Kai Engel aus dem Album Sustains, gefunden im Free Music Archive und lizensiert unter Creative Commons License Attribution 4.0 International (CC BY 4.0).