Mittwoch, 30. November 2016

BluRay-Premiere - Abattoir

Das Geheimnis der gestohlenen Zimmer

Das Fantasy Filmfest ist immer wieder ein Quelle der Lebensfreude für den Horror-Fan (oder ist das in diesem Fall vielleicht eher Todesfreude?).
2016 war mein Einstieg in das fröhliche Film-Gemetzel Abattoir (übersetzt "Schlachthaus"), der seit Anfang Oktober auch hierzulande als BluRay-Premiere erhältlich ist und nun endlich auch den Weg in meinen Player gefunden hat.

Inhalt

Julia Talben steckt in einem langweiligen Job als Immobilien-Journalistin fest. Doch ihr ödes Leben endet jäh, als die Familie ihrer Schwester grausam ermordet wird. Der geständige Mörder wird noch am Tatort festgenommen, doch auf die Gründe für seine Tat angesprochen, meint er nur, er habe getan, was getan werden musste.
Zusammen mit ihrem Freund, dem Polizisten Grady, will Julia nun herausfinden, warum ihre Schwester sterben musste. Doch als die beiden den Tatort nochmals aufsuchen wollen, stellen sie nicht nur fest, dass das Haus bereits weniger als eine Woche nach der Tat an einen geheimnisvollen Mann namens Jebediah Crone verklauft wurde, sondern auch, dass das komplette Zimmer, in dem die Tat geschah, aus dem Gebäude entfernt wurde!
Weitere Nachforschungen ergeben, dass dies bereits mit vielen anderen Tatorten geschehen ist, die Crone gekauft hat. Die Spur des Mannes führt in die bizarre Kleinstadt New English, die ein düsteres Geheimnis birgt.

Hintergrund

Regisseur Darren Lynn Bousman ist mir in der Vergangenheit nur als Regisseur von SAW 2 bis 4 begegnet (was in meinen Augen nicht gerade die beste Empfehlung darstellt), aber die Prämisse dieses Films klang interessant genug, um ihm doch noch eine Chance zu geben.
Eine Recherche im Internet ergab, dass der Regisseur schon seit 2009 an der eigenwilligen Geschichte arbeitet, zunächst in Form eines Comics, dann auch als Film.
Ein Prequel unter dem Titel The Dwelling soll bereits in Planung sein.

Vorlage

Der Film Abattoir basiert auf der gleichnamigen sechsteiligen Graphic Novel, die in den USA bei Radical Publishing erschienen ist.
Das eigentliche Konzept des Comics basiert auf Ideen von Darren Lynn Bousman, doch er überließ die Ausgestaltung des Projekts den beiden Autoren Troy Peteri and Rob Levin sowie dem Zeichner Bing Cansino.
Die Geschichte dreht sich um einen Immobilienmakler namens Richard Ashwalt, der ein Haus verkaufen soll, in dem ein schreckliches Massaker stattgefunden hat. Doch als ein geheimnisvoller Mann namens Jebediah Crone auftaucht und einen absurd hohen Preis für das Gebäude bietet, weigert der Makler sich, das Haus abzugeben, da er Crone nicht traut. Doch diese Weigerung lässt ihn tief in eine Welt aus Bedrohnung und Wahnsinn stürzen, aus der er sich möglicherweise nicht mehr befreien kann.
Wie man bereits sieht, die Geschichte der Graphic Novel hat wenig mit dem späteren Film zu tun. Tatsächlich stellt sie eher eine Art Prequel dar, so dass sie auch für denjenigen geeignet ist, der den Film bereits kennt.
Andererseits enthält sie allerdings einige Spoiler für den Film, so dass man sie vielleicht erst danach lesen sollte.

Präsentation

Die BluRay hat nur wenige Extras. Neben dem obligatorischen Trailer gibt es leider nur ein Making-Of von gut zehn Minuten, das vor allem aus kurzen Interview-Schnipseln und einigen Eindrücken vom Set besteht.
Schade, hier hätte ich mir mehr erhofft.

Zusatzmaterial: Soundtrack

Bereits im Kino fiel mir die überaus gelungene Filmmusik von Mark Sayfritz auf, so dass ich mir im Anschluss an den Film den Soundtrack besorgen musste.
Der Komponist ist mir bislang nicht aufgefallen, obwohl er bereits Filme mit Halle Berry, Jennifer Lawrence  und anderen mit Musik versorgt hat.
Auf jeden Fall hat er mit Abattoir eine starke Visitenkarte abgegeben. Es gibt keinen eindeutigen Stil bei diesem Soundtrack, der mal mit horror-typischen Streichern und Bläsern, mal mit fast atonalen Elektronik-Spielereien arbeitet. In manchen Momenten lugt Vangelis um die Ecke, dann wieder John Carpenter, und gelegentlich findet sich auch eine Sound-Collage mit eingestreuten Stimmenschnipseln.
Einige Themen hätte ich mir zum Hören etwas länger ausgespielt gewünscht, aber im Film entfaltet die Musik bisweilen eine fast hypnotische Wirkung.

Fazit

Abattoir baut trotz seines blutrünstigen Namens eher eine Gruselgeschichte mit modernen Elementen auf, als dass es sich um eine Gewaltorgie handelt.
Der Einstieg ist für einen Film dieses Genres noch angemessen blutig, im weiteren Verlauf wird jedoch eher ein gelungenes Geheimnis aufgebaut.
Der Film wartet dabei mit klassischen Bildern auf, die jedoch in ihrer Art immer wieder zu gefallen wissen, vor allem, da sie mit sehr viel Stilgefühl und Atmosphäre inszeniert werden. Vor allem die Darstellung der Stadt New English hat einen angenehm surrealen Touch, der den Ort irgendwo zwischen Twin Peaks und Silent Hill verortet.
Die Auflösung bleibt im Rahmen des Plots durchaus logisch (ohne allzu vorhersehbar zu sein) und führt sich nicht selbst ad absurdum. Die finalen Szenen werden dann jedoch, obwohl sie extrem stimmungsvoll beginnen, etwas überstrapaziert, so dass sie manchmal eher einer Geisterbahn entstammen als einer bizarren Horrorwelt.

Die Schauspieler bieten bei all dem eine durchweg solide, wenn auch vielleicht nicht immer oscarreife Leistung.
Insgesamt bietet Abattoir somit einen gelungenen Mix aus Horror-, Grusel- und Thriller-Elementen, den ich jedem ans Herz legen möchte, der sich von wohligem Grusel angesprochen fühlt.

Hinweis:
Die Rezension erfolgt anhand von selbst gekauften Exemplaren von BluRay, Comic und Soundtrack.
 

Trailer


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Samstag, 12. November 2016

Private Eye - Liebe, Geld und andere Intrigen

Das Titelbild des Abenteuers
Auf der SPIEL '16 war ich übrigens nicht nur als Besucher, sondern auch als Autor vertreten.
Zum ersten Mal seit längerer Zeit habe ich mal wieder ein Rollenspiel-Abenteuer veröffentlicht, und das auch noch als Premiere bei einem neuen Spiel, nämlich für Private Eye bei der Redaktion Phantastik.

Anfang 2016 habe ich mich an einem Abenteuerwettbewerb der beiden reizenden Damen beteiligt und konnte diesen mit meinem Beitrag Liebe, Geld und andere Intrigen schließlich sogar gewinnen, so dass der auf der SPIEL '16 erschienene Band schließlich nach meinem Text benannt wurde.

Aber das Heft enthält nicht nur meinen abenteuerlichen Erguss, sondern zusätzlich auch noch zwei weitere Teilnehmer des Wettbewerbs, nämlich Der Magier von Natascha Weiler und Die Leiche im Moor von Martin Dürr und Markus Kühn.
Insgesamt also drei sehr unterschiedliche Abenteuer in der bewährten Optik von Private Eye.

Interessierte Leser mögen sich einfach an den Shop des Verlages wenden, wo sie auch das ebenso frisch erschienene neue Regelwerk von Private Eye finden.

Freitag, 11. November 2016

Die Internationalen Spieltage in Essen - Alles eine Frage der Wahrnehmung...

Ich habe mich diesmal recht akribisch auf die Internationalen Spieltage 2016 vorbereitet, und genauso akribisch bin ich auch an die Nachbereitung herangegangen.
Von daher, obwohl die Messe schon so lange her zu sein scheint, bin ich erst jetzt fertig damit, all die Podcasts, Messeschilderungen und Erfahrungsberichte 'abzuarbeiten', die sich seitdem angesammelt haben.

Dabei war ich immer wieder verblüfft, wie sehr sich meine persönlichen Eindrücke von denen anderer Leute unterscheiden, so verblüfft, dass ich dazu einfach mal etwas schreiben musste.
Hier also ein paar ganz persönliche und bestimmt in keinster Weise allgemeingültige Gedanken zur SPIEL '16.

Die interessantesten Spiele - oder "Was ist daran interessant?"

Schon in den Vorberichten zur Messe ist mir aufgefallen, dass viele der genannten Spiele für mich ungefähr so interessant sind, wie mir eine Kegelkugel auf den großen Zeh fallen zu lassen.
Die hundertste Variante von "Wir bauen eine Stadt/ein Reich/ein Was-auch-immer und schieben Figürchen zu verschiedenen Orten." lässt mein Herz nicht schneller schlagen, und auch ein Spiel, das vor allem dadurch zu 'brillieren' scheint, dass es ganz viel Material und ganz viel Regelbuch und ganz viel alles hat, verleitet mich nicht zu spontanen Jubelarien.
Andere Spiele funktionieren nur mit bestimmten Spielerzahlen, selbst wenn sie für andere angegeben werden (ja, ich sehe Euch an, Captain Sonar und Futschikato), und werden trotzdem teilweise abgefeiert, als würden sie das Spielen neu erfinden.
Dafür gehen andere Sachen, vor allem von kleineren Verlagen und oft aus den ungeliebten hinteren Hallen (dazu später mehr), völlig unter und werden größtenteils ignoriert.

Legacy-Spiele - oder "Ich mag meine Spiele nicht kaputtmachen."

Die Begeisterung der Spielegemeinde für die sogenannten Legacy-Spiele ist auf der einen Seite verständlich, denn ein Spiel, bei dem sich die Regeln ändern, je nachdem, wie man die vorhergehende Runde gespielt hat, hat einen besonderen Reiz.
Nun widerstrebt es mir aber, ein Spiel partiell zu zerstören, um damit zu spielen, egal, ob ich Karten zerreißen, Spielmaterial bekleben oder irgendwelche verdeckten Felder freirubbeln muss. Ein so 'bearbeitetes' Spiel kann nur noch ich spielen, und das auch nur mit denen, die mit mir begonnen haben.
Wehe dem, der seine Spielrunde nicht mehr in der Originalbesetzung zusammentrommeln kann, denn ein Neuling muss sich jetzt mit dem zurechtfinden, was andere vor ihm getan haben ... nicht sehr befriedigend für diesen armen Tropf.
Und wenn ich durch bin, kann ich das Spiel nur noch verschrotten, denn niemand anders kann noch etwas damit anfangen. Das Spiel als Wegwerfartikel!
Na ja, bitte, wer sowas möchte ... ich jedenfalls nicht ...

Autoren-Fanboys und -girls - oder "Wer?"

Inzwischen sind wir an dem Punkt angekommen, wo Spieleautoren Fans haben. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn mir auch viele der im Vorfeld der Messe genannten Namen wenig bis nichts sagen.
Viel schlimmer finde ich aber die plötzlich auftauchende Tendenz, dass ein Spiel allein deshalb gut sein MUSS, weil es von diesem oder jenen Autor verfasst wurde. Da wird dann "Der neue Scherwinski" (Name zum Schutz der Betroffenen abgeändert) bereits vor der Erstveröffentlichung blind 'gekauft' (was völlig okay ist), aber eben leider auch höchst öffentlich und ebenso blind als eins der besten Spiele der Messe abgefeiert.
Und das finde ich nicht mehr okay. Ich bin selbst ein Fan bestimmter Autoren, Regisseure, Grafiker, Schauspieler oder Musiker, aber ganz ehrlich, ein wenig differenzierter äußere ich meine Vorfreude dann doch, denn bislang hat jeder Künstler in meinem Fan-Universum schon mal einen Aussetzer gehabt, der einfach nur Käse ist.
Wenn wir das nicht zugeben, bewegen wir uns schnell auf das Niveau von Boyband-Fans zu, die einfach kritiklos von vornherein alles toll finden, was von ihren Helden kommt.

Die ungeliebten hinteren Hallen - oder "Halle 4, 6 und 7 waren leer?"

Immer wieder musste ich außerdem hören, wie leer die hinteren Hallen der Messe waren, dass dort keine interessanten Spiele zu finden waren, dass Verlage hierhin 'verbannt' werden.
Ja, in den Hallen hinter der grandios überfüllten Halle 3 wurde man nicht auf Schritt und Tritt zerquetscht, das ist richtig. Es gab auch keine großen Verlage dort, die mit grandiosen Messefestungen die Gänge beherrschten.
Aber das tat der Spielfreude und auch dem Besucherstrom keinen Abbruch. Viele Stände waren umlagert von interessierten Besuchern, und selbst nach einem Dutzend Versuchen an verschiedenen Tagen ist es mir nicht gelungen, alle Sachen anzutesten, die für mich interessant gewesen wären.
Und JA, es gab interessante Spiele in den hinteren Hallen zu entdecken, oftmals von kleineren Herausgebern aus dem Ausland, die sich freuen, wenn man sie besucht und mit ihnen spielt, wenn man sie weiter empfiehlt und vielleicht sogar einen Bericht über ihre Spiele veröffentlicht.
Nichts gegen die großen Verlage, aber ich liebe die Begeisterung eines Autors beim Spielen seines eigenen Werks. Ich liebe die kleinen und kleinsten Spielefirmen, die aus ihren begrenzten Mitteln so viel Spiel wie möglich hervor zaubern, die ein Kartenspiel zu einem Erlebnis und ein kleines Brettspiel zu einem Abenteuer machen.
Es gibt sie, und zwar überall auf der Messe, manchmal auch zwischen den Großen der Branche veborgen, doch man muss sie halt suchen mit ihren kleinen Ständen.
Ich jedenfalls liebe die Hallen 4, 6 und 7 und verbringe oft mehr Zeit dort als in den überlaufenen  Gängen der 'vorderen' Messe.

Es gibt immer weniger Rollenspiel - oder "Wo seid ihr Rollenspieler denn?"

Jedes Jahr die gleiche Leier ... die SPIEL lohnt sich nicht für Rollenspieler, es gibt immer weniger Material, immer weniger Verlage.
Hm ... wart ihr eigentlich schon einmal dort in den letzten Jahren? Ja, es ist vor allem eine Brett- und Kartenspiel-Messe, aber eben auch eine Rollenspiel-Messe. Die meisten deutschen Verlage sind vor Ort, und inzwischen auch immer mehr internationale Mitbewerber. Es erscheinen Neuheiten, man kann mit Autoren und Verlagsleuten reden, ihnen die Meinung geigen oder ihnen eigene Projekte vorschlagen, es gibt sogar wieder Proberunden (wenn auch aufgrund der Standgröße vor allem bei den Platzhirschen der Szene).
Davon abgesehen gibt es Tabletops, Gesellschaftsspiele jeder Art mit phantastischem Hintergrund, Nerdkram, bis der Arzt kommt, jede Menge Läden ... was genau wollt ihr noch, damit sich die SPIEL in euren Augen auch als Rollenspiel-Event qualifiziert?
Kommt vorbei, habt Spaß, lasst euch die SPIEL nicht von den Gesellschaftsspielern wegnehmen.

Mein extrem persönliches Fazit - oder "Ich sehe das anders!"

Jeder Dauerbesucher erlebt sicherlich seine eigene Version der Internationalen Spieltage. Somit ist meine SPIEL nicht eure SPIEL, so viel ist klar.
Bestimmt kann ich in manchen Bereichen von euch lernen und mich für andere Dinge interessieren, aber ich würde mir auch wünschen, dass einige Leute sich aus ihrer eigenen Komfortzone heraus wagen und ihren Blick mal dorthin richten, wo ich normalerweise hin schaue.
Es muss euch ja nicht gleich in Ekstase versetzen, was ihr dort seht, aber so erlebt ihr vielleicht auch eine Messe, die ihr vorher nicht gekannt habt.
Ist das zu viel verlangt? Möglich, aber sich etwas zu wünschen hat noch niemandem geschadet.