Man ist es ja inzwischen gewöhnt,
dass man auf der SPIEL in Essen auf ein fast schon babylonisches Sprachgewirr
trifft. Was ich jedoch im vergangenen Jahr zum ersten Mal sehr deutlich wahrgenommen
habe, war die Entwicklung, dass auch deutsche Verleger immer mehr darauf
setzen, ihre Spiele zunächst nur in englischer Sprache zu produzieren.
So führte ich denn auch die
ersten Minuten meines Gesprächs mit den Verlegern des Spiels Crimson Company in Englisch, ausgehend
vom ausliegenden Spielmaterial, bis wir endlich merkten, dass sich hier
Deutsche gegenüber standen.
Die erste Spielversion entstand (wieder
einmal) aus einem Kickstarter heraus, der jedoch nur eine
Print-and-Play-Version von Crimson
Company zum Ziel hatte (diese aber immerhin in Englisch, Deutsch, Französisch,
Italienisch und Spanisch). Der große Erfolg des klein dimensionierten Projekts war
wohl letztendlich der Auslöser, auch eine erste Kleinauflage in professionell
gedruckter Form zu produzieren, die man dann auf der Spielmesse verkaufen wollte.
Das vorhandene Material ist dabei
sehr übersichtlich: 35 Karten und eine Handvoll Münzen nebst englischsprachiger
Regel in einer kleinen Box. Da fragt man sich unwillkürlich, wieviel Spieltiefe
sich wohl in dieser Schachtel befindet?
Regeln
Das Ziel des auf zwei Personen
beschränkten Wettstreits ist es, zwei von drei Burgen für sich zu erobern. Diese
liegen als Karten zwischen den beiden Kontrahenten. Daneben liegen vier Charakter-Karten
(das sogenannte Angebot) sowie ein Zugstapel, dessen oberste Karte ebenfalls sichtbar
ist.
Wer am Zug ist, erhält zunächst
einmal drei Münzen als Einkommen. Danach muss der Spieler versuchen, einen der Charaktere
im Angebot anzuwerben, indem er eine beliebige Anzahl von Münzen auf der entsprechenden
Karte ablegt. Der Gegner kann nun entweder den aktiven Spieler gewähren lassen
(die eingesetzten Münzen kommen dann in die Bank), oder er legt noch einmal die
gleiche Summe auf die Karte (in diesem Fall erhält der aktive Spieler alle
Münzen von der Karte, der Charakter geht aber dafür in den Besitz seines Kontrahenten
über).
Wenn der aktive Spieler danach Karten
vor sich liegen hat (egal, ob er sie in dieser oder in der letzten Runde ersteigert
hat oder ob ihm vielleicht sogar beides gelungen ist), kann er sie nun an eine
beliebige Burg anlegen.
Sobald an einer Seite einer Burg vier
Karten anliegen, kommt es in der letzten Phase des Zuges zur Wertung. Jede Charakterkarte
hat eine Stärke, und wer die höhere Summe hat, bekommt die Burg zugesprochen.
Und das waren im Grunde genommen
schon die ganzen Regeln.
Bewertung
Wer nun aber glaubt, dass sich
daraus kein interessantes Spiel entwickelt, der hat die Rechnung ohne die
besonderen Fähigkeiten der einzelnen Charaktere gemacht. Diese können in jeder
Phase des Zuges wichtig werden. Einige wirken dabei nur einmalig, andere
entfalten ihre Wirkung, solange sie aufgedeckt sind.
Mit diesen speziellen Fähigkeiten
kommt das besondere Flair von Crimson
Company zum Zuge. So manche Karte möchte man zwar wegen ihres Stärke-Werts haben,
doch die besondere Fähigkeit (die man meistens ausführen muss, ob man nun will
oder nicht) lässt einen dann doch zweifeln, ob man sie nicht vielleicht doch dem
Gegner überlässt. Dazu kommt noch, dass einige Karten ihre Wirkung immer wieder
entfalten, wenn sie aufgedeckt werden (im Spiel kann es durchaus dazu kommen,
dass Karten auf die Rückseite und anschließend wieder auf die Vorderseite Seite
gedreht werden). Andere Karten wiederum haben eine sehr spezielle Wirkung, die
mal besonders gut, mal besonders schlecht in die gerade laufende Spielsituation
passt.
Eine langfristige Strategie lässt
sich bei einem solchen Spiel kaum finden, dafür ist man zu sehr davon abhängig,
welche Karten gerade im Angebot sind bzw. welche danach dorthin gelangen. Trotzdem
ist der Glücksfaktor vergleichsweise gering, da beide Spieler immer die
gleichen Möglichkeiten haben. Stattdessen ist man darauf angewiesen, schnelle
taktische Entscheidungen zu treffen.
Interessant war bei verschiedenen
Proberunden, dass es kein großes Problem darstellt, wenn man im Verlauf des
Spiels irgendwann keine Münzen mehr hat, denn durch den geschilderten Biet-Mechanismus
kehrt das Geld meistens schnell genug wieder zurück.
Nur zum Ende hin (das häufig plötzlich
und unerwartet eintritt) muss man den Bestand der eigenen Münzen im Auge
behalten, denn das Spiel entscheidet sich häufig dadurch, dass einer der beiden
Gegner im richtigen Moment dem anderen eine Karte wegnehmen kann. Mit dieser erobert
er dann die entscheidende Burg, an der bis eben nur zwei Karten lagen, die
jetzt aber plötzlich von vier Charakteren belagert ist. Letzte Wertung, gewonnen,
vielen Dank auch!
Erwähnenswert ist außerdem, dass
man Crimson Company einfach in fünf
Minuten erklären kann, um dann sofort loszuspielen, und das, ohne dass darunter
die Spieltiefe leidet.
Präsentation
Für ein Spiel aus einem Kleinverlag
ist Crimson Company sehr wertig
produziert.
Die Karten haben ein Leinen-Finish, die Münzen bestehen aus
angenehm dicker Pappe, und vom Gefühl her kann man mit der Schachtel eher
jemanden erschlagen als sie einzudellen.
Sehr positiv fällt auch die grafische
Gestaltung auf. Obwohl die Illustrationen einen Streifzug durch sämtliche coolen
Kulturen der Erde und verschiedener Fantasywelten machen, sind sie alle sehr detailliert
und liebevoll gezeichnet und machen Lust darauf, das Spiel immer mal wieder aus
dem Schrank zu nehmen.
Fazit
Während ich dies schreibe, läuft gerade
ein weiterer Kickstarter, um eine neue Auflage des Spiels zu finanzieren, die
dann auch über den Verlags-Shop vertrieben wird.
Wer wie ich ein Fan solcher Produkte
aus Kleinverlagen ist oder wer einfach ein gutes, sauber funktionierendes
Zweier-Spiel sucht, dem rate ich auf jeden Fall, sich Crimson Company mal näher anzuschauen.
Diese Rezension ist eine Vorab-Veröffentlichung
aus der Ausgabe 123 des Magazins Spielerei,
mit freundlicher Genehmigung des Chefredakteurs Karsten Höser.
Der aktuelle Kickstarter für Crimson Company ist unter dieser Verknüpfung zu finden:
Die Verlags-Website befindet sich hier: https://www.crimsoncompany.cc
Der erste Kickstarter für Crimson Company ist unter dieser Verknüpfung zu finden:
Hinweis:
Die Rezension erfolgt anhand eines Rezensions-Exemplars, das freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde.
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