Im Monat Juli wurde der Karneval ausgerichtet vom Nerd-Wiki, und zwar zum Thema:
Rollenspiel im täglichen Leben
Rollenspiel ist so sehr ein Teil meines täglichen Lebens wie das Essen und Schlafen.
Nicht so sehr, weil ich tatsächlich so viel spiele (denn das tue ich leider nicht mehr so häufig), sondern weil meine Gedanken immer wieder dorthin zurückkehren, neue Welten, Abenteuer und Regeln ersinnen und sich immer wieder darum drehen, wie und warum man denn nun rollenspielen könnte oder sollte.
Doch da gibt es diese Stimme in meinem Kopf:
Warum spielst du dann so selten, wenn du doch so viel darüber nachdenkst?
Früher war alles besser!
Als du angefangen hast mit dem Rollenspiel, damals, 1984, da war die Welt noch einfacher.Du warst gerade mal 19 und frisch aus der Schule ins Lebens geflohen, so dass sich eine große und breite Zukunft vor dir ausbreitete. Du hattest eine Freundin, du hattest irgendwann auch mal eine Ausbildungsstelle in Aussicht, und du hattest einfach verdammt viel Zeit.
Zusammen mit deiner damaligen Rollenspieltruppe begabst du dich in seltsame Welten, plündertest Dungeons und Drachenhorte und hast dich durch ganze Horden von Bösewichten gemetzelt.
In diese Ära fiel auch der Gedanken, mit einigen anderen die Gilde der Fantasy-Rollenspieler zu gründen. Ja, du hattest Zeit, und du warst dir sicher, dass es kaum eine bessere Möglichkeit gab, diese zu verbringen, als dich ums Rollenspiel und ums Schreiben fürs Rollenspiel zu kümmern.
Das böse, böse wirkliche Leben
Doch mit zunehmendem Alter kommen neue Aspekte in dein Leben.Die Immer-noch-Freundin möchte mit dir zusammenziehen, ihr wollt heiraten und Kinder bekommen.
Der Job, bislang nur geringfügige Störung zwischen längeren Phasen der Freizeit, verlangt auf einmal deine Aufmerksamkeit. Du sollst dich um deine Aufgaben kümmern, Verantwortung übernehmen, deinen Lohn wirklich verdienen.
Dann kommen wirklich die gewünschten Kinder, und alles wird ganz anders, als du es dir vorgestellt hast. Keine Zeit hier, keine Zeit dort... und dabei bist du vielleicht noch derjenige in der Beziehung, der sich nicht den ganzen Tag um die lieben Kleinen und ihre Bedürfnisse kümmern muss.
Und wenn du dich umsiehst, siehst du, dass es deiner ganzen alten Gruppe genauso geht... die Wirklichkeit hat euch eingeholt...
Die dunklen Zeiten...
Irgendwann denkst du dir, dass du nie mehr die die Zeit aufbringst, um zu spielen.Kistenweise kommen die Rollenspielbücher in den Keller, warten vergeblich darauf, dass sie wieder hervorgeholt werden.
Deine Partnerin schlägt vor, die Sachen doch endlich zu entsorgen; was seit zwei Jahren im Keller liegt, holt man eh nie wieder heraus. Doch du wehrst dich... nein, so leicht wirst du dich nicht geschlagen geben.
Und doch findest du keine Gelegenheit zum Spielen, zum Schreiben oder auch nur zum Denken, denn die ganze Welt dreht sich um dich, reißt dich mit in einen Strudel, in dem außer der vorgeblichen Wirklichkeit kein Platz mehr für Träume ist.
...und das Licht am Ende des Tunnels
Dann taucht der Typ auf, mit dem du vor Jahren mal gespielt hast..."Hey, noch einmal rollenspielen, um der alten Zeiten willen?"
Warum nicht einen Abend mal Würfel werfen und Drachen erschlagen? So viel Zeit hast du.
Denn der Funke ist noch immer in dir, wartet nur darauf, wieder angefeuert zu werden, sich zur Flamme zu entwickeln, zur Feuersbrunst!
Ja, es hat dir gefehlt, verdammt, dieses Phantasieren, dieses Fliehen aus dem grauen Alltag, die Geschichten, die man zusammen erlebt und noch Jahre danach feiert.
Und du beschließt, die Kisten wieder aus dem Keller zu holen, okay, nicht alle, so viel Platz hast du nicht mehr, aber einige, die wichtigsten, und du liest wieder darin, und es brodelt in dir, all diese Abenteuer zu erleben...
Seltsame Menschen...
Schon damals (während deines ersten Rollenspieler-Lebens) fanden dich die Leute komisch, aber da warst du ja auch noch jung und irrational.In deinem jetzigen Alter solltest du jetzt aber vernünftig und erwachsen sein, ein rationales Wesen. Wenn du das mit Anfang 50 nicht bist, schaut man dich an wie einen Pariah mit bizarren Interessen.Rollenspiele? Jaja, davon habe ich gehört, das ist das mit den Lederoutfits und den Peitschen, oder?Wenn du als Rollenspieler erzählst, was du tust, musst du dich darauf einstellen, dass du von deiner Umgebung mit verwunderten bis angsterfüllten Blicken bedacht wirst, auch heute noch.
Wie bitte? Du stellst dir vor, ein Ritter oder Astronaut zu sein? Ist das nicht Kinderkram? Bescheuert? Oder sogar gefährlich? Satanistisch?
Du passt nicht in das übliche Bild des anständigen Bürgers, der Sonntag den Tatort guckt, jeden Tag friedlich arbeiten geht und sich um seinen lokalen Fußballverein kümmert.
Du bist... anders.
Lebe deinen Traum
Rollenspieler, Autor, Verleger, Maler, Fotograf, Handwerker, Schneider, Sportler... was auch immer du zum Zentrum deines Lebens machst, geh davon aus, dass du von einigen Leuten komisch angesehen wirst, wenn du davon erzählst. Aber das muss dir egal sein.Wenn es das ist, was du wirklich tun willst, dann tu es auch. Such die Gelegenheiten, quetsch aus dem Leben die kleinen Fluchten heraus, die du ergreifen kannst, ohne dass alles andere zusammenbricht.
Versteck dich nicht. Erzähl, was du am Wochenende gemacht hast, auch wenn deine Kollegen dir den Vogel zeigen. Es gibts nichts wofür du dich schämen müsstest... solange du niemandem auf die Nerven gehst, indem du ihn volltextest, obwohl du weißt, dass es ihn nicht interessiert.
Genieß einfach die besonderen Momente, die dein Leben dir bietet, und mach das Beste daraus. Es muss niemandem gefallen außer dir.
Und wenn du alles richtig machen willst, dann läster auch nicht über die, die etwas anderes als du gut finden. Immerhin verlangst du ja auch, dass sie dich akzeptieren.
Alle Beiträge zum Karneval der Rollenspielblogs Juli 2017 findet ihr übrigens
im Nerd-Wiki oder im Forum von http://rsp-blogs.de.
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